DER MÜHLENSCHATZ ZU BRÜNIGHAUSEN
Es geschah in alter Zeit, dass eines
Nachts vor dem Bett der Müllerin zu Brünighausen ein Zwerg stand und
inständig bat: ”Um Gotteswillen, hilf meiner Frau. Sie liegt in
Kindsnöten im Hohl am Scherling und ist ohne jeden Beistand.” Rasch
warf sich die Müllersfrau Kleid und Mantel über, trat in ein Paar
Holzschuhe und eilte mit dem Zwerg hinauf zum Berge.
Nach geschicktem Zufassen hatte sie alsbald dem Zwergenpaar zu einem
prächtigen Knäblein verholfen.
”Wie sollen wir Dir, gute Frau, für alle Liebe danken?” fragten
die Glücklichen. ”Gott mag’s vergelten!” war der Gruß der Müllerin,
die frohen Herzens wieder heimzog. In der darauf folgenden Nacht stand
der Zwerg wieder in der Schlafkammer. In der erhobenen Rechten trug er
einen Silberklumpen, den er mit strahlenden Augen der Müllerin in die
Hand drückte. ”Solange dieser Schatz im Hause bleibt, soll es der Mühle
und ihren Bewohnern wohlergehen!” sprach er und verschwand.
Am nächsten Tage versenkten die Müllersleute den Klumpen Silber tief
unter dem Mahlgang. Sie verfuhren mit großer Sorgfalt und sagten nach
alter Regel kein Wort.
Noch bis vor wenigen Jahren drehte die muntere Glene das knarrende Mühlenrad
und ernährte die Müllersippe so gut wie ehedem. |